6.22 Uhr – Mit einer kurzen Unterbrechung habe ich sehr gut geschlafen. Nebenan wird auch hantiert, sicher Pilger, die früh los wollen. Es wird jetzt ganz schnell heller.

7.25 Uhr – Es ist ziemlich frisch hier draußen. Die Kanadierin war die erste, die loszog. Gerade verabschiedete sich der Deutsche. Im Flur stehen Rucksäcke, die wahrscheinlich von einem Gepäckdienst zum nächsten Etappenziel gebracht werden.
Meine Verdauung ist nicht in Ordnung, aber da ich schlafen konnte, gehe ich davon aus, dass sie sich beruhigen wird. Vielleicht war der leicht gewölbte Joghurt gestern, der noch gut schmeckte, doch nicht mehr gut.
Trotz intensiver Nutzung des Faktor-50-Labellos merke ich winzige Bläschen an meiner Unterlippe. Ich werde heute die Herpessalbe drauftun. Da das Sitzen gestern sehr gut ging, probiere ich, wieder in der normalen Radhose zu fahren.
Heute könnte es am Nachmittag Gewitter geben. Ab 15 Uhr kann ich in die Unterkunft. Könnte passen.

Es geht erstmal 12 Kilometer hinauf, über eine Anhöhe ins Arbás-Tal, dann zu einem Pass auf knapp 1500 m. Dann kann ich runter zum Barrios de Luna rollen lassen. Ich folge dem Rio Luna bis fast zur Quelle, wechsle dort ins Tal des Rio Sil, dem ich abwärts folge.
Heute wieder ein eher ruhiger Landschaftsgenusstag mit nur gut 60 km und 700 Hm. Es liegen keine größeren Ortschaften auf der Strecke. Ich hoffe auf die gelegentliche Bar.
8.18 Uhr – Bereit zur Abfahrt.

Am Ortsausgang gleich Morgengruß: Zuversicht, Verbundenheit, Loslassen, Im-Augenblick-Sein.

Der Blick Richtung Pass. Das Tal ist wunderschön. Welch ein Glück, hier fahren zu können.

8.50 Uhr – Auf 1360 m Höhe, aber noch nicht auf dem Pass. Unter mir liegt vielleicht das Abrás-Tal.

Ach so, ich fahre noch durch dieses Tal und muss über den Pass links im Einschnitt. Es ist minimal wärmer in diesem kleinen Kessel im Vergleich zum Tal hinter mir. Die Sonne schafft es noch nicht durch die Wolken.

9.00 Uhr – Casares de Arbás. Die Sonne gewinnt!

9.27 Uhr – Auf Kilometer 10, nach 268 Hm und auf einer Höhe von 1398 m. Die Wolke hinter mir scheint Regen abzulassen. Mir kamen sechs Guardia Civil Fahrzeuge entgegen, die ich alle stehend habe passieren lassen. Alle winkten freundlich. Da könnte irgendwo eine Kaserne sein.

9.44 Uhr – Und schon bin ich oben auf 1486 m – ohne Passschild und blicke zurück.

Vielleicht gibt es kein Passschild, weil es hier einen kurzen Tunnel gibt, der den schroffen Grat unterquert.

Die Gendarmen der Guardia Civil sind zurück, waren wohl einen Kaffee trinken. Sie laufen gerade lauthals singend zu ihrem Treffpunkt. Vielleicht eine Ausbildungsübung.
Es gibt hier ein festinstalliertes Fernglas. Damit kann ich sie wunderbar beobachten.
Ich esse Baguette mit Schinken von gestern. Sehr lecker.

Von Westen kommt nun noch eine dicke Wolke. Bei Regen kann ich in den Tunnel, das ist besser als in der fast baumlosen Landschaft.
10.16 Uhr – Mal sehen, was die andere Seite des Tunnels zu bieten hat. Oh, da fallen die ersten Tropfen!

10.24 Uhr – Das waren wirklich nur ein paar Tropfen. Nun ab in die weit geschwungene Abfahrt.

Die Berge vor mir scheinen weniger schroff. Hier ist ein unablässiges vielstimmiges Vogelgezwitscher zu hören.

10.53 Uhr – Krasser Wechsel von Natur zur Technik.

Schon auch faszinierend die Brücke über den Stausee des Rio Luna. Ich suche mir jetzt eine Bar.

11.08 Uhr – Hier befand sich das Dorf Lánxara. Die verfallene Kirche San Martín hat man wieder aufgebaut.

11.21 Uhr – Auf Kilometer 28. Im Tal der Luna. Auch hier durchaus schroffe und hohe Berge mit letzten Schneeresten. Auf dieser Seite des Passes scheint es deutlich mehr geregnet zu haben. Die Straßen sind noch an vielen Stellen nass.

11.35 Uhr – Der Rio Luna persönlich.

12.15 Uhr – Ich dachte schon, dass es hier gar keine Bar gibt an dieser Fernstraße. An einer Tankstelle habe ich kurz gehalten, mich aber dagegen entschieden. Das war gut, denn diese nette Bar hier gibt sogar Kekse zum Cortado. Die brauche ich auch für die Nerven, denn man hört schon das Donnern des Gewitters.
Laut Regenradar zieht es knapp vorbei. Losfahren könnte mich in Sicherheit bringen.

12.30 Uhr – Wäre auch zu schön gewesen. Also Regenkleidung an und weiter.

Der Wind schiebt mich.

12.42 Uhr – Wie erhofft, liegt die Bushaltestelle des Bergdorfes an der Fernstraße. Es donnert weiter, aber die Wolken liegen im Wesentlichen hinter mir.

Da vorne kann ich wahrscheinlich die nasse Regenkleidung im Fahrtwind trocknen. Bin auf Kilometer 40, also noch 23 km und 100 Hm. Sehr locker heute.
12.20 Uhr – Sieht gut aus. Weiter.

13.09 Uhr – Wieder eine dieser gerade auf die Berge zuführenden Straßen. Diesmal sollte es aber auf keinen Pass hinaufgehen.
Die Unterkunft hat sich gemeldet. Ich schätze 15 Uhr bis 16 Uhr als Ankunft.

13.35 Uhr – Mittagessen in Huerga de Babias auf dem Spielplatzgelände hinter der alten Kirche.
Das neue Müsli hat keine Rosinen oder Nüsse. Ich habe es mit dem Studentenfutter aufgepeppt, das ich für den Notfallhunger dabei habe: sehr lecker!
14.04 Uhr – Weiter!

Springt da ein kleiner Hund über den Berg, rechts ein Ohr, hinten die kurzen Beine?

14.24 Uhr – Sehr hübsch gelegene Kirche San Félix de Arce.

Weiterhin gibt es sehr viele Störche auf meiner Strecke. Vorhin flog einer vor mir auf und hatte etwas langbeiniges im Schnabel.

14.47 Uhr – Der Rio Luna kommt links von der Straße aus den Bergen. Ich überquere die kleine Anhöhe vor mir und rolle dann zu Tal nach Villablina. Noch 11 km.
Könnte nochmal regnen, fürchte ich.

14.51 Uhr – Wow, nach 500 m sehe ich von einer Brücke in die Schlucht des Rio Sil.

14.58 Uhr – Jetzt geht es mit Karacho in die Schlucht.

15.06 Uhr – Noch sechs Kilometer.

15.16 Uhr – Sehr schöne Bogenbrücke in Rioscuro.

15.34 Uhr – An der Unterkunft. Das Schild habe ich nicht gleich gesehen. Aber da war ein Mann, der gerade jemandem den Weg zeigte, wohl einem anderen Gast. Der Mann rief mir zu, als ich an ihm vorbeifuhr.

Nun habe ich ein schön hergerichtetes Zimmer in einem alten Steinhaus. Mit den zwei Fenstern sollte die Lüftung klappen. Die Straße versuche ich einfach auszublenden.
17.19 Uhr – Waschen, duschen, telefonieren, entspannen, online einchecken, Etappendaten erfassen: alles erledigt!
Draußen gewittert es wieder. Das wird wohl noch etwas heftiger. Ich muss einkaufen: Äpfel, Joghurt, Kaffee. Mal zügig los
18.05 Uhr – Der Einkauf war erfolgreich und gerade rechtzeitig vor dem Gewitterguss. Zur Entspannung und Überbrückung habe ich mir Limo und Erdnüsse geholt. Dazu lese ich den aktuellen «Lost in Fuseta» zur Vorbereitung auf die Algarve.

18.45 Uhr – Weiterhin fallen draußen schwere Regentropfen und das Wasser läuft in Strömen die Straße hinunter. Aber trotz des Regens und des Donnerns sieht man schon, dass es aufklart.
19.00 Uhr – Der Regen ist vorbei! Morgen soll es laut Wetterbericht wieder sonnig losgehen.

20.50 Uhr – Gut vorbereitet durch Nüsse und einen Liter Limo habe ich mich auf den Weg zu Restaurants gemacht, die laut Google Maps schon vor acht geöffnet sind. Das erste war wegen Personalmangel geschlossen. Das zweite aber war offen. Es gab sogar eine englische Speisekarte. Die Lautstärke in der Bar war zwischenzeitlich so hoch, dass ich meine eigenen Gedanken nicht mehr gehört habe. Natürlich lief dazu der Fernseher. Aber der Krimi, den ich auf dem Tolino lese, ist so spannend, dass ich doch ein paar Seiten lesen konnte. Nun zahle ich und mache mich auf.
22.00 Uhr – Der Krimi ist wirklich sehr spannend! Ich lese den heutigen Artikel nochmal und bereite den für morgen mit der Kartenansicht vor. Dabei schaue ich mir immer den geplanten Verlauf der nächsten Etappe an und versuche, mir Besonderheiten schon einmal zu merken.
Gute Nacht!