27.05.2025 – Caín – Cofinal – 70 km/1690 Hm

7.37 Uhr – Bis viertel nach sechs habe ich gut geschlafen. Jetzt bin ich doch nervös und werde aufstehen. Auf den winzigen Flecken Berge, den ich durch das Dachfenster sehen kann, scheint die Sonne. Vielleicht ist also heute mehr von den Gipfeln zu sehen als gestern.

Auf der Karte sieht man grob, wo ich zwischen Meer und der zentralen Hochebene unterwegs bin. León erreiche ich dann morgen. Das Höhenprofil sieht ja recht harmlos aus. Ich ignoriere mal einfach die Details. Seit Januar weiß ich, was auf mich zukommt. Lange habe ich überlegt, wie ich diesen Anstieg vermeiden kann. Heute heißt es, einfach losfahren.

Und der Blick in die Klamm gestern Abend gibt mir das Gefühl, tatsächlich in den Picos zu sein.

Das sieht gut aus!

8.46 Uhr – Richtung Süden auch. Ich war kurz unten, um zu schauen, ob jemand schon an der Rezeption ist. Aber noch ist alles verrammelt.

9.49 Uhr – Das Frühstück war lecker, die Frau sehr freundlich. Ich habe einfach ja gesagt, bei dem was sie sehr nett fragte. Das Fahrrad aus der Garage holen ging auch flott.

Jetzt also los! Bis nach Posada bin ich jetzt sehr wahrscheinlich offline.

Bei Sonne schöner als gestern mit Wolken.

Nach 65 Hm. Jede Fotopause verschafft mir einen kurzer Verschnaufer.

Kurz mal flach.

Nach 142 m. Jetzt geht’s richtig los.

Nach 264 Hm und 4,6 km. Die erste 20%-Stelle ging so grade. Ich versuche, Zickzack zu fahren. Wegen des lauten Gebirgsbachs höre ich aber die Autos nicht.

10.44 Uhr – Nach 312 Hm. Mit 4,4 km/h 13-15% Steigung erledigt: puh. Gleich kommt das zweite und hoffentlich letzte 20% Stück.

Für den Anstieg Helm aus, Kappe auf: plötzlich Blindschleiche.

Nach 380 Hm. Da liegt doch schon ein gutes Stück hinter mir.

Auf alle anderen warten die Geier(?).

11.08 Uhr – Nach 437 Hm. Hier kommen das 19% Gefälle, danach der, hoffentlich moderate letzte Anstieg hinauf nach Posada.

Auch viele Deutsche kommen mit VW-Bussen hier in das Tal, vorhin Kreuznacher.

11.26 Uhr – Nach 543 Hm und 7,7 km. 12-15% waren es nochmals, doch nicht moderat. Aber jetzt kann ich Posada schon unter mir liegen sehen. Am letzten Aussichtspunkt mache ich jetzt den Morgengruß mit Blick in die Schlucht: Dankbarkeit, Freude, Zuversicht, Kraft.

Posada de Valdeón. Für mich geht es nach einer Kaffeepause nach rechts weiter bergan.

11.51 Uhr – Zweites Frühstück. Ich habe nur eineinhalb Stunden gebraucht. Damit bin ich extrem zufrieden. Und keinmal musste ich schieben. Jetzt liegt noch eine normale Tagesetappe vor mir mit 1150 Hm und 60 km. Wird schon. Erstmal genieße ich die Pause.

Wie gut, dass ich gestern das Rad gepflegt habe: Kette mit Ballistolöl geschmiert, Steuerkopflager justiert, Bremsklötze von Splittern befreit und justiert, den Spiegel weiter nach außen gesetzt. Rosinante läuft super heute.

Ah, da hält gerade der Deutsche vom Pass gestern mit seinem UN-Gefährt. Habe ihm gewunken. Er setze dich in meine Nähe. Er ist seit fünf Jahren mehr oder weniger mit dem Gefährt unterwegs. Ich habe ihm davon abgeraten, zu versuchen, damit nach Caín runter zu fahren.

12.15 Uhr – Mal langsam weiter.

12.42 Uhr – Auf 1030 m Höhe im Passanstieg. Bei etwa 7% komme ich zügig voran. Der Wind steht gut, kühlt angenehm.

13.15 Uhr – Auf 1245 m Höhe. also brauche ich etwa 16 min für 100 Hm. Das ist zügig für eine Gepäckfahrt. Die Schlucht hinauf hatte ich wohl den gleichen Wert.

13.28 Uhr – Auf 1303 m, nach 946 m Anstieg am Mirador de Valdeón mit Blick auf die östlichen Picos. Ich habe mehr als die Hälfte der Höhenmeter, nur noch 780 Hm liegen noch vor mir.

Der kühle und schattige Wald tun mir sehr gut.

14.00 Uhr – Auf dem ersten Pass.

Hier stehen, hinter einer Absperrung, schön von der Sonne gewärmte Schieferbänke. Da der Wind ok ist, mache ich hier Passpause mit Pico-Blick.

14.14 Uhr – Der Kaffee und die Brote sind fertig. Zum Nachtisch gibt es griechischen Joghurt. Hunger!!

15.08 Uhr – Der UN-Laster fahrende Deutsche, also genauer Franke, heißt Thomas. Er kam gerade hier an und setzte sich zu mir. Habe ihm Kaffee gekocht und wir haben Reiseanekdoten ausgetauscht. Wir sind beide Geier-Fan. Jetzt mal los!

Sieht nach sanfter langer Abfahrt aus.

Weiter bergab. Richtung León.

15.29 Uhr – Auf Höhe von 1200 m.

15.43 Uhr – Wasserflaschen gefüllt. War dringend nötig.

15.51 Uhr – Ich fahre ein Stück entlang dieses Stausees, dann beginnt der zweite Anstieg.

16.00 Uhr – Noch 33 km bis zur Unterkunft.

16.44 Uhr – In Lario. Mit Cortado und Kas Limón.

Vorhin haben mich zwei Motorradpolizisten überholt. Ich fuhr rechts auf dem Seitenstreifen. Sie haben deutlich hinter mir die Blinker gesetzt und sind auf die Gegenfahrbahn gewechselt. Als sie ein gutes Stück vor mir waren, setzen sie wieder den Blinker und fuhren zurück auf die rechte Spur. Wirklich vorbildlich! Es war gar kein Verkehr. Bei Gegenverkehr hätten sie wahrscheinlich hinter mir gewartet, obwohl ich auf dem Seitenstreifen war. Ich lasse dann oft Autos vorbei indem ich ganz an den Rand fahre und anhalte. Das tue ich sehr gerne. Hier in dieser gegen fühle ich mich wirklich sicher auf dem Rad.

Der Unterkunft habe ich eine WhatsApp geschrieben, dass ich zwischen 19.30 und 20.30 Uhr komme. Weiter!

17.08 Uhr – Es quakt unablässig in den feuchten Wiesen: reichlich Futter für die Störche.

17.21 Uhr – Gesäßcreme nachgelegt. Es tut heute doch ein bisschen weh.

Noch 20 km und 400 Hm.

17.31 Uhr – Über das kleine Dorf, in dem der Hahn mit seinen Hühnern auf der Straße spazieren geht, wacht dieser mächtig Fels.

17.40 Uhr – Plötzlich endet die Teerstraße und geht in eine Piste über. Noch vier Kilometer bis zu Hauptstraße. Aber der ältere Spanier, mit langem Stock unterwegs, hat mir versichert, dass sie bis zur Fernstraße gut fahrbar sei. Dass Männer lange Stöcke dabei haben, habe ich schon öfter gesehen.

17.51 Uhr – 10% Steigung auf der Piste geht natürlich auch, irgendwie. Die Landschaft, die Stille, sie entschädigen mich dafür.

17.58 Uhr – Da vorne im Hang ist die Hauptstraße, der ich vorhin auch einfach hätte folgen können. Noch zwei Kilometer bis ich wieder auf sie einbiegen kann.

18.05 Uhr – Der Pass könnte links im Einschnitt bei den drei Bäumen am Horizont sein. Noch 250 Hm. Die fast weiße Piste im satten Grün sieht toll aus.

18.12 Uhr – Diese Kirche erwähnte der Spanier auch. Ab hier geht es auf Teer (!) hoch zur Fernstraße.

18.18 Uhr – Pferde, die sich auf mich freuen!

Hinter einem Zaun. Unten sieht man das weiße Band der Piste.

18.35 Uhr – Kleiner Zwischenpass. Noch 135 Hm. Auf der Hauptstraße geht es trotz Gegenwind zügig voran.

18.39 Uhr – Glatter neuer Teer und Rückenwind: läuft bei mir! Noch 13 Kilometer.

Blick zurück.

19.00 Uhr – Nur wenige Meter vor der Passhöhe ein letzter Blick zum Espigüete, rechts am Rand des Horizonts. Dieser mächtige Berggeist hat mich jetzt drei Tage begleitet. Ich habe mich beim ihm und der ganzen Gegend für ihre Gastfreundschaft mit einer tiefen Verbeugung bedankt. Mancher Papst hätte wahrscheinlich den Boden geküsst.

19.04 Uhr – Auf dem letzten Pass. Niemand fährt auf dieser Straße. Jetzt aber runter!

Das schwarze Asphalt and glänzt in der tief stehenden Sonne. Es geht zügig mit 40 – 50 km/h bergab.

19.17 Uhr – Noch kein Dorf zu sehen. Noch 5 km.

Bis zum Ortsschild geht die neue Asphaltdecke. Ich hatte sie ganz für mich alleine.

19.27 Uhr – Ankuft nach einem unglaublichen Tag! Die nette junge Frau an der Theke der Bar hat mich echt zum Strahlen gebracht, als sie mir die Frage nach dem Abendessen bejahte.

22.45 Uhr – Das Abendessen war reichlich und sehr schmackhaft. Es gab viel Salat dazu und Käse als Nachtisch. Dazu zwei kleine Bier. Ich war der einzige Gast. Frühstück morgen wieder erst um neun.

Abgesehen von den Sitzproblemen auf den letzten Kilometern lief es heute sehr, sehr gut. Es war bezüglich der Höhenmeter schon der Höhepunkt der Tour. Ich bin selber überrascht, wie wenig erschöpft ich mich fühle. Hungrig und müde ja, aber nicht am Ende. Es sollte also morgen wieder genug Kraft für die nächste Etappe da sein.

Danke für den vielen Zuspruch heute!

22.50 Uhr – Noch drei Seiten lesen.

Gute Nacht!

One thought on “27.05.2025 – Caín – Cofinal – 70 km/1690 Hm”

  1. Hallo Super-Sportler,
    heute bin ich froh, nicht dabei zu sein… ich wäre dir soooo eine Bremse gewesen! Gut gelaunt um 17:21 mit noch 20 km, 400 Hm und Gesäßcreme – meine höchste Bewunderung hast du!
    Wünsche dir gutes Ankommen, ein fulminantes Abendessen und eine sehr erholsame, geruhsame und Schmerz lindernde Nacht!
    Herzensgruß! Martina

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