6.46 Uhr – Das war eine eher unruhige Nacht, aber ohne Krämpfe!

Wetter sieht gut aus.

Frühstück auch. Bin noch alleine. Die anderen kommen wohl erst um acht.
8.38 Uhr – Bereit zur Fahrt in einen sonnig frischen Morgen.

Erstmal zurück in den Berg zur Nationalstraße, dann geht es steil hinunter in die Bucht.

9.01 Uhr – Ein perfekter Platz für den ersten chinesischen Morgengruß der Reise. In Worten kurz der Ablauf:
Gerade stehen, die Hände vor den Augen. Dann öffnet die Tore und weist mit einer Hand zur Erde, der anderen zum Himmel, dann beide zum Herzen: «Oben der Himmel, unten die Erde, mitten drin nur ich, Leonhard» Dann mit hängenden Armen vorbeugen und sie mit dem Ruf «Feuer» hochreißen. Dann langsam am Körper entlang runter, «Wasser». Dann schaut man sich um, dreht sich einmal im Kreis. Nun holt man sich mit der ausgestreckten Hand etwas für den Tag aus jeder Himmelsrichtung, was einem so einfällt. Heute: Gottvertrauen, Kraft, Zuneigung, Freundlichkeit. Dann mischt man das alles mit beiden Händen auf dem Bauch gut durch und schleudert Weg zur Erde, was man heute loswerden möchte. Dann die Hände flach falten und zum Himmel führen, wie ein wachsender Trieb, oben öffnen und wie eine Lotusblüte die Hände weit vom Körper runterführen. Dann sich selbst, den Tiger in dir, umarmen, dann in einen breiten Stand wechseln, die Hände auf die Oberschenkel stützen und kraftvoll und energiegeladen in den Tag blicken.

9.25 Uhr – Ein wunderbarer Strand. Leider ist das Café noch geschlossen. Die Abfahrt war doch auf einer kleinen Straße und mit 14-18% extrem steil, sehr schmal und trotzdem mit regem Autoverkehr. Nun geht es wieder auf die Küstenstraße.

Brückenkonstruktion, mit einem Gruß an meinen Bruder.

Nach einem Teileinsturz musste die Bogenbrücke aufwändig restauriert werden.

Sie wurde nicht abgerissen, wie die in Rech an der Ahr.

Küstenstraße mit separatem Weg, der hier auch von Fahrrädern genutzt werden darf.

9.47 Uhr – Einfach sehr schön, dieser Fleck. Der Strand wird gereinigt, es liegt viel Plastik im Seetang. Über dem Ort, links von der Rauchsäule, ist die Unterkunft noch zu sehen.
Ärmel und Beinlinge ziehe ich aus, es ist in der Sonne sehr warm.

Wie angelehnte Bretter liegt der Schiefer.

Blick nach Osten. Ganz am Ende könnte der Jaizkibel liegen.

Mutriku, gebaut wie ein Bergdorf in dieser engen Schlucht.

Santa Catalina war offen. Leider lief verwirrender Chorgesang.

Mit dem Rad bei den Walen.

10.35 Uhr – Und noch eben einen Cortado auf dem kleinen Marktplatz, mit den bunten Häusern aus Stein, Holz und Ziegeln.

Hinter mir wird tanzen geübt, man hört die Musik und die Ansagen der Lehrerin aus den offenen Fenstern.
10.42 Uhr – Mal langsam weiter.

11.05 Uhr – An der Straße stand ein Schild mit «Biskaia». Diese dritte der baskischen Provinzen ist namensgebend für den Golf von Biskaya. Der Ort vor mir heißt Ondarroa.
Bei der Abfahrt blockierte plötzlich die Kette. Ich musste mal wieder den äußeren Anschlag neu justieren. Die Fixierung mit Haarspray hat etwa ein Jahr gehalten.

Wieder eine alte Bogenbrücke, sogar mit Wärterhaus auf der rechten Seite.

San Geronimo. Der Anstieg dorthin war steil, aber leider ist auch diese Kirche geschlossen. Man kann sich aber in den schattigen Vorhof oder unter die nördliche Veranda setzen. Das ist sicher gut für die Pilgerinnen im Sommer.

Wunderbare wenig befahrene Küstenstraße mit vielen Blicken durch das Grüne aufs Meer.

Lekeitio.

Die Kirche sieht sehr schön aus.

Sehr schönes hochgotisches Portal.

12.37 Uhr – Wieder ist aber nur die schattige Vorhalle zu betreten. Mit 30 km habe ich gut die Hälfte der heutigen Strecke. Es ist nun etwas diesig und der Wind hat aufgefrischt. Ich suche mir einen Platz für die Mittagspause. Der Unterkunft in Gernika habe ich 16-18 Uhr gemeldet.

Müsli-Mittagessen an der Marina unterhalb der Kirche. Die Unterkunft in Gernika schrieb sehr nett, dass sie mit mir heute Abend überlegen, was sie mir zum Abendessen anbieten könnten.
13.37 Uhr – Ich habe nun doch den mitgebrachten Spiegel montiert und dann auch mit Klebeband hoffentlich das Quietschen der vorderen rechten Tasche beseitigt. Jetzt sollte ich noch an den Bremsbelägen nach Alusplittern suchen, die vielleicht das extrem hohe Pfeifen beim Bremsen verursachen.
Die Wolken werden dicker, ich breche mal auf.

14.14 Uhr – In Ispaster. Kirche (geschlossen), Bar, Wasserhahn: die perfekte Pilgerinfrastruktur.

14.42 Uhr – Auf 250 m Höhe im Wald auf guter, aber deutlich mehr befahrener Straße ohne Seitenstreifen. Ich lasse Autos, wenn möglich, an jeder kleinen Ausweichstelle vorbei, da sie sich echt Mühe geben und oft länger hinter mir bleiben, z.B. vor uneinsehbaren Kurven: sehr löblich! Ich fühle mich hier sehr sicher. Zwei knapp überholende VW-Busse stellten sich als deutsche heraus, kamen aus HL und TÖL. Sie fuhren keinen Bogen um mich, sondern einfach geradeaus in die Lücke. Sie könnten sich bei den Spaniern was abgucken. Man überholt vor der Kurve selbst dann nicht, wenn ich auf dem Seitenstreifen fahre. Und das sehe ich bei PKWs genauso wie bei großen LKWs und Handwerker- und Lieferwagen. Ist vielleicht speziell im Baskenland so.
Mit den sehr vielen, oft in Gruppen fahrenden Rennrädern, ist es auf der Straße durchaus heikel für Autofahrer. Da ist Vorsicht und weites Überholen zwingend. Es gibt natürlich auch unrühmliche Ausnahmen unter den spanischen Autofahrern, aber bisher glücklicherweise sehr wenige.

15.05 Uhr – Im baskischen Hinterland. Es ist schwül bei 22° C. Noch zehn Kilometer und 70 Höhenmeter. Das klingt entspannt.

15.25 Uhr – Am Ortseingang von Gernika. Pforzheim ist Partnerstadt. Im kleinen Gemüsegarten wachsen Stangenbohnen.

Das Friedensmuseum. Zehn historische Leichenwagen stehen hintereinander auf der gesperrten Straße, mit Särgen. Die französischen Schulkinder neben mir werden angehalten, still zu sein.

Viele Kameraleute. Vielleicht ein Filmdreh?

Andra Mari Eliza – Marienkirche und das zentrale Schulgebäude.

Der «alte Baum von Gernika». Der Rest des Stammes steht in dieser kleinen Rotunde. Der Baum ist der traditionelle Versammlungsort der Volksvertreter der Basken. Die Stadt gilt als das geistige Zentrum des Baskenlandes.
Am 26.4.1937 hat die deutsche Legion Condor auf der Seite Francos die Stadt bei einem Luftangriff komplett zerstört.

Im großen Park, der 1991 eröffnet wurde, gibt es mehrere Skulpturen. Pforzheim hat in den 1990er Jahren eine deutsche Versöhnungsgeste vorangetrieben, die jedoch scheiterte.

16.21 Uhr – Ich sitze mit einem Pain-au-chocolat im Café gegenüber vom Friedensmuseum. Vor mir hält ein Autotransporter, der historischen Wagen für Film und Fernsehen anliefert: also ein Filmdreh.
Habe mich für 17 Uhr in der Unterkunft angekündigt.

16.51 Uhr – Ankunft am Ziel, nach zwei flachen Kilometern, zuletzt auf einer Fahrradstraße.
18.25 Uhr – Die Dusche war perfekt. Die Wäsche hängt an der Leine quer durch das Zimmer. Danach habe ich zehn Minuten Endentspannung auf dem Bett gemacht, da es draußen zu kalt ist. Gerade als ich ankam fielen ein paar Regentropfen. In der Nacht soll es ordentlich regnen, vielleicht auch noch bis um zehn morgen früh. Da passt die späte Frühstückszeit von 8.30 Uhr ja sehr gut.
Durch das offene Fenster weht angenehm frische Luft ins Zimmer. Man hört die Schwalben zwitschern.
Für heute Abend kann ich mir wieder aus einem Kühlschrank oder den Vorräten etwas nehmen und in der kleinen Küche warmmachen. Mal sehen. Unter Umständen esse ich nochmal Müsli.

20.32 Uhr – Habe ein Pasta-Paket genommen: 450 g Nudeln und ein Glas Soße. Mit großem Hunger habe ich die halbe Tüte Nudeln gekocht und die ganze Soße, und mich zu zwei Frauen an den Tisch gesetzt, die Brot und Käse aßen und dazu eine Flasche Rosé getrunken haben. Ich konnte den Akzent nicht wirklich zuordnen. Es stellte sich heraus, dass sie aus Neuseeland kommen und zum dritten Mal in Spanien sind. Morgen wollen sie nach Bilbao ins Guggenheim-Museum. Sie haben Karten für 14 Uhr. Vielleicht treffe ich sie ja sogar noch dort.
Heute Abend ist in Bilbao Endspiel in der Europa-League zwischen den englischen Clubs Tottenham und Manchester United. Man erwartet wohl 80.000 englische Fans. Bis zum Nachmittag, wenn ich ankomme, sind sie vielleicht wieder nüchtern.
22.10 Uhr – Nach einem Telefonat mit zu Hause mache ich mich jetzt fertig für weitere Abenteuer mit Don Quijote und Sancho Panza.
Gute Nacht!
Hi Doc!!
Wie schön, dass Deine Anreise problemlos lief und Du nun schon in der anderen, sonnigen Welt auf dem Drahtesel sitzt. Es ist so schön, Deine Tagebuchseiten zu lesen – zumal ich noch im Büro bin, aber gerade niemand etwas von mir will.
Besonders schön finde ich Deine Begegnungen, die mir schon jetzt zeigen, dass die Menschheit eigentlich liebenswert, fröhlich und anderen zugewandt ist. Davon muss ich mehr lesen, um die Nachrichten aus den sozialen Medien zu relativieren.
Für heute liebe Grüße
Sigrid Simons