6.05 Uhr – Ich habe sehr schlecht geschlafen. Gegen Mitternacht hatte ich plötzlich heftige Kopfschmerzen und habe eine Tablette genommen. Es war laut draußen und im Zimmer nebenan. Dann fühlte es sich an, als ob der linke Fuß krampfen würde. Die Betten sind kürzer als unsere, da hängt der Fuß manchmal etwas über den Rand. Außerdem ist die Luft hier im Zimmer schlecht, obwohl das Fenster die ganze Zeit geöffnet war.
Ich nehme jetzt eine zweite Tablette und stehe auf. Es könnte der Wetterwechsel sein, der die Kopfschmerzen verursacht, zusammen mit dem zweiten Bier.
7.46 Uhr – Drei Kaffee, fünf kleine Brötchen, das lasse ich mal wirken. Vielleicht bin ich für Besichtigungen heute sogar zu früh dran. Aber egal, dann sitze ich halt im Café.
8.21 Uhr – Die nette junge Rezeptionistin hat mir noch Óbidos ans Herz gelegt. Das könnte morgen auf der Strecke liegen. Jetzt mal los. Es ist nicht sehr warm und leicht Wolken sind am Himmel. Ist auch ok.

Heute komme ich der Küste am Ende schon wieder recht nahe. Nach elf Kilometern erreiche ich Batalha, ein geschichtlich sehr bedeutsamer Ort. Nach dem Aussterben der Burgunder-Linie 1383 wollte Kastilien Portugal wieder zurück habe. Die Bevölkerung rebellierte gegen die neue pro-kastilische Königin. Ein unehelicher Sohn des letzten Burgunders, Johann von Avis, setzte sich an die Spitze des Aufstandes. Vor der entscheidenden Schlacht bei Aljubarrota gegen die überlegene kastilische Streitmacht soll er der Gottesmutter Maria versprochen haben, ein Kloster zu errichten. Die Schlacht, die die Portugiesen für sich entscheiden konnten, fand am 14. August 1385 statt. Das große, spätgotische Kloster Batalha entstand in den 150 Jahren danach, unweit von Aljubarrota. Durch diesen kleinen Ort komme ich auch.
Später komme ich auch noch nach Alcobaça, wo die grösste Klosteranlage Portugals zu finden ist. Das Zisterzienserkloster wurde 1153 als Schenkung an den Zisterzienser-Abt Bernhard von Clairvaux gegründet. Dieser hat dem ersten König Portugals wohl bei den Bemühungen um die päpstliche Anerkennung der Unabhängigkeit von Kastilien-León unterstützt. Das Kloster war Sitz der königlichen Abtei Alcobaça. Mit dem Bau wurde 1178 begonnen. Es ist UNESCO-Weltkulturerbe. Mein Etappenziel Caldas da Rainha ist berühmt für seine Thermalbäder und Keramikindustrie.

8.43 Uhr – Sehr ruhig. Ich hoffe, der Weg wird nicht noch schlechter.

Zu viel Sand. Ich muss ein paar Meter schieben.

8.54 Uhr – Wieder große Solarparks rechts und links. Für die ist das Sträßchen wohl auch einigermaßen in Schuss gebracht worden.

9.07 Uhr – Auf einer tollen Fahrradstraße im Tal des Rio Lena.

9.16 Uhr – Da vorne liegt die Klosterkirche.

Von Norden der Chor mit der unvollendeten Chorkapelle von der man die Säulenstümpfe, die wie Türme aussehen, sieht.

Von Süden.

Westportal. Die Sonne steht genau im Osten.

Das figurenreiche Portal.

Ach, wie wunderbar! 80 m lang, 22 m breit und 32,5 m hoch. Endlich mal wieder ein Chor mit Fenstern. Sie sind teils noch aus dem 16. Jhd. Die unteren sind nicht so hell, weil die unvollendete Kapelle dahinter die Sonne abschirmt.

Es gibt kein Triforium. Die Obergaden sind eher klein.

Keine Fensterrose im Westen, wo man die beiden offen stehenden Türen sieht, aber ein großes buntes Fenster.

Sehr schönes Lichtspiel durch die exakt im Osten stehende Sonne.

Die Kapelle mit dem Grabmal Johann I. (1357-1433) und Filipa von Lancastre und ihrer Söhne.

Schon ein ganzer Dom für sich alleine.

Strahlend blauer Himmel, keine Häuser, die den Kreuzgang überragen.

Sehr detailreich, harmonisch, vollständig und gut gepflegt.

Der Kapitelsaal ist seit dem 9. April 1921 die nationale Gedenkstätte des unbekannten Soldaten für die portugiesischen Gefallenen des ersten Weltkriegs. Zwei Soldaten stehen Wache.
10.00 Uhr – Mit Getöse ziehen die Wachsoldaten ab. Etwas befremdlich im Kreuzgang des ehemaligen Klosters.

Das Brunnenhaus für das teils rituelle Händewaschen der Mönche.

Der seitliche Turm hat etwas von einem Märchenschloss.

Maßwerk im Kreuzgang.

Und hinter dem ersten liegt ein zweiter Kreuzgang, gebaut unter König Alfonso V. Im Obergeschoss befinden sich die Zellen der Mönche.

Viel schlichter.

Fast wie in Frankreich. Nur etwas kühl hier.

Sehr schön.

Die Kapelle hinter dem Chor sollte noch prächtiger werden.

Sie ist aber nicht vollendet worden. Dieser Torbogen wirkt sehr maurisch inspiriert. König Duarte (reg. 1433-1438) hat es für sein Grab in Auftrag gegeben. Links sieht man die dunkleren Strebepfeiler des Chors in den die Ansätze der Gewölbe der Kapelle eingearbeitet wurden.

Es sollte eine achteckige Halle mit Kapellenkranz und Kuppel werden.
Draußen spielt ein Blasorchester, es muss irgend ein Fest sein heute.
Man geht von Station zu Station mit dem Ticket. Hier an der unvollendeten Kapelle war ich, als ich mit dem Rad ankam, und die Kontrolleurin, die mir bei der Ankunft den Weg gewiesen hat, hat mich wiedererkannt und nett begrüßt.
10.47 Uhr – Hier ist gleich Gottesdienst, die Kirche füllt sich. Es gibt einen Chor und Musiker. Es ist heute Dreifaltigkeitssonntag.

Vielleicht haben diese geschmückten Opfergaben etwas damit zu tun.

Brechend voll. Beim Einzug gingen drei Frauen in roten Umhängen mit, eine trug eine Krone. Uniformierte und Pfadfinder sind auch dabei. Könnte sein, dass es noch eine Prozession gibt. Ich gehe trotzdem raus.

11.29 Uhr – Jetzt sitze ich im Café und stärke mich. Hier habe ich einen sehr guten Blick auf die Kirche, falls man noch prozessioniert, oder so. Das Blasorchester sitzt geschlossen hier im Café und macht während des Gottesdienstes Pause.
Die Kopfschmerzen sind etwas besser, viel Licht ist aber unangenehm. Die Sonnenbrille hilft. Der Kaffee hilft sicher auch. Der Besuch hier und der wolkenlos blaue Himmel sind auch gut für meine Stimmung. Noch zwei Wochen geht es Tag für Tag weiter. An die komplizierte Rückfahrt mit zwei Nächten im Bus mag ich noch gar nicht denken.
12.05 Uhr – Entspannt ohne Prozession weiter.

Halt, sie nimmt gerade Aufstellung.

Weiter hinten kommt der Baldachin und die Blaskapelle. Weihrauch weht herüber. Der Priester trägt eine Monstranz. Vielleicht ist es eine Fronleichnamsprozession. Es ertönen Böllerschüsse. Die habe unterwegs auch schon mal von irgendwo weit vorne gehört. Macht man hier vielleicht so.

Dazwischen die drei Frauen mit den Umhängen und die mittlere mit Krone.

Über diese alte Brücke verlasse ich das Klostergelände und die Stadt.
Hinter mir knallt es wie Feuerwerk, aber außer dem Rauch sieht man nichts.

12.48 Uhr – Kleine Kapelle mit schöner Sicht über die Hügel.

13.02 Uhr – Mit der Hilfe eines jungen Mannes Luft nachgefüllt. Ich hoffe, nicht zu viel!?

Frischvermählte fahren mit zwei 50-Liter-Fässern Bier und Zapfanlage auf dem kleinen Anhänger in die Flitterwochen. Ich habe sie eben an der roten Ampel angesprochen. Außer den Bierfässern habe ich kein Gepäck gesehen. Na, Partys mit vielen Gästen können sie unterwegs ja gut feiern.

13.24 Uhr – Immer noch flach und geradeaus und mit dem auch heute perfekt gelieferten Rückenwind. Auf Kilometer 24.

13.35 Uhr – Im Dorf Aljubarrota, wo die geschichtlich für Portugal so bedeutsame Schlacht stattgefunden hat.

Hier im Dorf soll nach der Schlacht eine Bäckerin noch sechs Kastilier mit dem Brotschaber erschlagen haben. Sie ist eine portugiesische Nationalheldin.

Sandsteinfelsen auf der anderen Seite des Tals.

So sanft runter, wie rauf: ein Genuss!

14.01 Uhr – In Alcobaça. Über dem grauen Hallendach erkennt man die Türme der Abteikirche.

Rechts sieht man Kunst an einem Abbruchhaus. Vorne liegt der Klostervorplatz.
Im Ort treffen sich die Flüsse Alcoa und Baça, daher der Name der Stadt.

14.11 Uhr – Hier, auf dem fast schattenlosen Platz, ist Flohmarkt. Ich gehe erst in die Kirche, dann gibt es etwas zu essen.
500 Quadratkilometer groß war das Gebiet, dass dem Zisterzienser-Kloster zur Gründung geschenkt wurde.

Das Portal barock, aber mit Fensterrose. 1178 hat man mit dieser dritten Zisterzienser-Abtei in Portugal begonnen. Die Kirche wurde 1252 geweiht, die Fassade ist von 1710 und 1725.

Die Halle wirkt irgendwie breiter. Die hoch auf dreieckigen Pulten angesetzten Säulendienste erzeugen eine leichte Verwirrung

Schmale Seitenschiffe so hoch wie das Mittelschiff, Fenster nur oben, keine Kapellen oder Altäre an den Außenwänden. Sehr schlicht.

Es gibt einen Chorumgang mit Kapellen, Links zu sehen. Das südliche Quethaus, rechts, verfügt über eine Fensterrose und zwei große Fenster darunter.

Blick zur Rosette in der Westfassade. Auch sie hat keine bunten Glasfenster.

Statt nach Fatima zu radeln habe ich zwei Kerzen bei einem Fatima-Altar angezündet.

Ein kleiner Vorhof. Ich mache doch einen Besichtigungsrundgang. Der Kassierer wollte mir schon das Seniorenticket geben, als ich meinte ich sei leider erst 63. Ich werde immer gefragt, ob ich schon 65 bin. Führt immer zu etwas Geschmunzel.

Kreuzgang.

Mit sehr schönem Brunnenhaus.

Das Refektorium.

Direkt daneben die imposante Küche mit gekacheltem haushohen Rauchabzug, zwei großen Steintischen und links in der Wand mehreren Waschbecken.

Das Skriptorium für das Alcobaça berühmt war.

Obergeschoss des Kreuzgangs. Es fallen noch einmal die zwei barocken Türme auf, die es in Batalha nicht gab.

Im Garten wachsen Orangenbäume.

Der riesige Gemeinschaftsschlafsaal im Obergeschoss. Später gab es einzelne Zellen für die Mönche über dem zweiten Kreuzgang und der Saal wurde anders genutzt. In der Mitte gibt es eineTreppe hinunter zum Kreuzgang, am Ende eine Treppe direkt in das Nordquerschiff der Kirche. Der in der Kirche nötige Teil der Treppe wurde aber abgerissen.

Der unter König Heinrich gebaute zweite Kreuzgang mit den Einzelzellen. Heinrich war Abt des Kloster 1542 bis 1580 und war die letzten drei Jahre bis zu seinem Tod auch König von Portugal.
Dieser Garten ist nicht so gut gepflegt.
15.23 Uhr – Fertig, jetzt dringend etwas essen und weiter.

15.50 Uhr – Pilgermenü. Dem Hotel habe ich grad geschrieben, dass ich zwischen 18 und 20 Uhr komme.
16.08 Uhr – Weiterfahrt.

Auf diesem Feldweg folge ich dem Rio Baça flussaufwärts.

17.21 Uhr – Ein gutes Stück und eine lange 10 – 12 % Steigung später. Auf Kilometer 49. Noch 9 km und 120 Hm. Jetzt runter den Berg, dann wieder rauf.

17.55 Uhr – Ich fahre nach Caldas hinein.

Für nachher.

17.59 Uhr – Ankunft am Hotel.

20.59 Uhr – Heute endlich mal beim Inder. Es hat mir sehr gut geschmeckt. Jetzt schlendere ich auf dem Rückweg (das Hotel liegt direkt gegenüber) an einer Eisdiele vorbei.
22.08 Uhr – Ich habe keine Eisdiele mehr gefunden, die noch offen war. Also habe ich die Zeit genutzt und mal wieder die Gesamtübersicht aktualisiert.

Ich glaube es ja irgendwie selber nicht, wenn ich auf diese Karte schaue, dass ich diese riesige Strecke, fast 2000 Kilometer, schon gefahren bin. Manche Erinnerungen, vor allem an die Nebeltage, verschwimmen tatsächlich etwas im Nebel.
Die beiden Besichtigungen heute waren für mich sehr schön, beruhigend, begeisternd. Ich liebe nun mal diese alten Gemäuer, und sie haben für die Geschichte Portugals eine enorme Bedeutung.
Die Strecke für morgen habe ich mir angeschaut, minimal geändert und schon in den Entwurf für den morgigen Beitrag aufgenommen.
Frühstück gibt es morgen erst ab 7.30 Uhr. Das ist mir sehr recht und ich hoffe auf besseren und längeren Schlaf.
Gute Nacht!