6.52 Uhr – Draußen regnet es. Es wird wohl ein feuchter Tag werden. Ich habe ganz gut geschlafen, hatte ziemlich intensive Träume, aus denen ich durch Geräusche aufgeschreckt wurde. Es kamen nach zwölf immer wieder noch Gäste auf ihre Zimmer.
Mal sehen, ob ich in der Bar unten, wo auch mein Rad steht, frühstücken kann.

7.44 Uhr – Die Bar unten war noch geschlossen. Im Café Universal an der Uni war es leer, als ich kam. Vor zwei Minuten ging es los und alle reden mit allen quer durch den Raum. Ich verstehe kein Wort, aber die Stimmung ist gut.
7.57 Uhr – Alle sind schon wieder weg. Ich kaue noch an meinem getoasteten Graubrot mit Tomatenaufstrich und Schinken belegt.
8.03 Uhr – Jetzt sollte die Hotelbar offen sein, damit ich an mein Rad komme.
8.31 Uhr – Es kann losgehen. Ich trage die Regenjacke, aber derzeit ist es nur feucht, es regnet nicht.

Heute geht es Richtung Atlantikküste. Das Höhendiagramm hat einige Zacken und gleich am Anfang ein steiles Stück, das man an der roten Linie erkennen kann.
Außer Negreira, das ich nach gut 20 km erreiche, scheint unterwegs kein größerer Ort zu liegen. Also sollte ich dort auf jeden Fall Pause machen.

Ich rolle durch das Stadttor. Die Straßen sind voll von Schülerinnen und Schülern, teils in Schuluniform.

8.47 Uhr – Berufsverkehr. Sprühregen setzt ein. Ich ziehe die Regenhose und Überschuhe an. Weiter.

8.57 Uhr – Bin raus aus dem Verkehr und runter vom Hügel der Stadt und überquere hier den Rio Sar. Kaum noch Nieselregen.

9.07 Uhr – Nasse Nebelsuppe nach fünf Kilometern.

9.10 Uhr – Das Sträßchen ist gesperrt. Mal gespannt, wie ich zurück auf meine Strecke komme.
9.18 Uhr – Das lief gut. Auf dem Navi konnte ich die parallel verlaufende Hauptstraße sehen, die etwas später meine Strecke kreuzt.
Bald kommt der knackige Anstieg.

9.24 Uhr – Hier komme ich wieder auf den EV-3 und den Jakobsweg, die beide weiter zum Kap Finisterre führen.

Voll ist es hier.
Vor mir in einer Einfahrt hielt der Kastenwagen einer Bäckerei und lieferte Brot zu einem Haus. Das habe ich auf einem anderen Dorf auch schon gesehen.

9.39 Uhr – Vor mir, an dem fast unsichtbaren Berg, liegt die dolle Steigung.

10.10 Uhr – Das waren 220 Hm in unter 30 min. Auf der gut geteerten kleinen Straße ging es mit 8-12% zügig bergauf. Ich habe nur eine kurze Tringpause gemacht.
Nun weiter nach Negreira.

10.26 Uhr – In Ponte Maceira gibt es ein Café mit diesem tollen Blick auf die uralte Bogenbrücke, die man durch die Fenster sehen kann.

Ein moderner Gutshof und die alte Mühle am Wehr.

Die Brücke über den Rio Tambre wurde im 13 Jhd. auf den Fundamenten einer römischen Brücke gebaut. Sie war fester Bestandteil des Jakobswegs und wurde, als der Weg in den 1990er Jahren wieder neu markiert wurde, wieder Teil des Wegs. Der Ort ist sehr urtümlich. Allein schon dem schwallenden Wasser zuzuschauen ist eine Freude.
10.56 Uhr – Weiter.

Sehr urtümlich und bergauf sehr schlecht zu fahren auf dem Kopfsteinpflaster. Der Ort hat das Prädikat, zu den schönsten Dörfern Spaniens zu gehören.

11.40 Uhr – In Negreira. Mit den Einkäufen bin ich für die Mittagspause gerüstet.

11.50 Uhr – Durch das südliche Tor, Pazo do Coton, wieder raus aus der Stadt.

Auf der anderen Seite steht ein Denkmal für die Auswanderer, die die Gegend verlassen haben, um Arbeit zu finden und ihre Familien (sind auf der Rückseite des Steins) zu ernähren.

Gut beschildert, ich folge aber der Hauptstraße, die flacher ansteigt.
Gegen drei Uhr könnte mal ein ordentlicher Regenguss kommen. Ich versuche, noch etwas Strecke zu machen.

12.32 Uhr – Das könnte die bestelle Mittagspausenbank sein. Windgeschützt, hell, relativ sauber.
13.22 Uhr – Das hat wunderbar gepasst. Den hier herrschenden Stallgeruch konnte ich mit dem reifen Käse direkt unter meiner Nase überlagern. Nach dem halben Baguette gab es Apfel, Müsli, Nüsse. Jetzt noch die Unterkunft kontaktieren, dann weiter.
Der Bauer für mehrmals mit seinem Traktor an mir vorbei. Wir haben uns jedesmal gegrüßt.
13.31 Uhr – So, für heute habe ich 17-19 Uhr gemeldet. Auch für morgen, und dazu ein Abendessen bestellt, da die Unterkunft sehr abgelegen ist, aber Essen anbietet.

13.53 Uhr – Noch Nebel oder schon Regen? Da beides von vorne kommt und gleich die Abfahrt beginnt, ziehe ich die die Regenhose wieder an.
Schon drei Reiseradler gesehen, die mir entgegen kamen.

14.10 Uhr – Ein bisschen wie Regenwald. 20° C. Es gibt jetzt auch Pilgernde, die mir entgegenkommen. Gehen sie zurück nach Santiago, oder kommen sie aus Portugal?
Noch 35 km.

14.52 Uhr – In einem warmen Café mit Cortado, Limo und Cupcakes und acht anderen Pilgernden. Ich musste mal raus aus dem dichten Nieselregen, den der Gegenwind mir ins Gesicht schmeißt. Als Schotterpiste kam, bin ich einen Umweg über die Hauptstraße gefahren.
Laut wetterApp soll gleich sogar die Sonne ein bisschen rauskommen. Das will ich sehen!!
Morgen Vormittag, am Kap, könnte es werden wie heute Vormittag, also keine Sicht und patschnass. Egal.

15.35 Uhr – Kein Ende des Nieselregens in Sicht. Noch 23 km.

Alter Speicher. Hier ist eine sehr gemütliche Bar links. Aber das Ziel zieht.

16.23 Uhr – Nasser, langer Anstieg auf 380 m. Noch 14 km und 75 Höhenmeter. Jetzt geht es erstmal runter. Zu sehen ist im Nebel quasi nichts. Ich höre aber, wie die Windräder auf dieser Anhöhe fleißig Strom produzieren. Grad scheint der Nieselregen etwas nachzulassen.

16.36 Uhr – Hier treten oft Granitsteine zutage. Es gibt auch Hügelgräber. Vielleicht ist Galicien so etwas wie die Bretagne Spaniens. Dudelsack habe ich ja auch schon gehört, als ein galicisches Lied gespielt wurde in der Herberge in Fonfría. Noch 12 km.

Am Horizont sieht es ein bisschen besser aus.

Hier kam auch ein niederländischer Pilger-Radler an. Er kommt von Lissabon und fährt erst zum Kap, dann nach Santiago. Er konnte mir Tipps zu einer Fähre geben, die ich auch nehmen will. Sie soll eingestellt sein und auf den kleinen Wassertaxis transportiert man keine Pedelecs. Vielleicht auch gar keine Räder. Das würde 15 km Umweg zur. Rücke bedeuten. Bergauf war er schneller, bergab habe ich ihn hinter mir gelassen.

17.18 Uhr – Die Bucht von Cee, der Atlantik, dessen Farbe ich kaum von den anderen Grauschattierungen abhebt.

17.26 Uhr – Ankunft, nach einer halben Stunde ohne Regen.

Zimmer mit Balkon und Meerblick. Vom letzten Gast hängt noch die Schnur für die Wäsche am Balkongitter. Ob es Zweck hat, heute Wäsche draußen aufzuhängen? Ich glaube ja eher nicht.
Also, ich bin schon immer wieder überrascht, wie toll das alles organisiert ist und wie anständig die ausgewählten Unterkünfte sind. Habe ja immer kurz die Sorge, dass ich mich vertan habe. Aber heute wieder genial. Bin auf die Punktzahl für das Waschbecken gespannt.
Jetzt ganz langsam aus den nassen Sachen pellen und versuchen, wieder ein normaler Mensch zu werden. Bin nicht nur nass, habe auch unglaublichen Hunger!
18.39 Uhr – Bei der Endentspannung bin ich beim Herunterzählen der Atemzüge mehrfach kurz eingeschlafen. War auch ein anstrengender Tag heute.
Regen hat ja auch sein Gutes: man muss sich nicht einschmieren mit Sonnencreme, man muss für Pausen keine schattige Bank suchen, man ist viel leistungsfähiger bei etwas kühlerer Luft – Nein, Regen finde ich einfach blöd!
19.33 Uhr – Ich freue mich auf Pasta!
19.43 Uhr – Ich habe schon bestellt im As Baleas Beer&Pizza. Ist schon toll, dass es aus Restaurants gibt, die vor 21 Uhr öffnen. Habe ich einen Hunger!
Laut WetterApp soll es morgen bis Mittag anständig regnen. Ich müsste mich also nicht unbedingt beeilen, da ich für 64 km etwa acht Stunden inklusive Pausen rechne. Bis um 19 sollte ich bei der Unterkunft sein. Na, mal schauen.

20.27 Uhr – Boah, war das lecker! Ich nehme ein zweites Bier zum Sackenlassen. Unter Umständen gibt es heute Nachtisch.

21.37 Uhr – Nachtisch und ein zweites Bier gab es auch noch zur Belohnung für das Bewahren der Nerven heute. Jetzt laufe ich durch die Stadt zum Hafen und zurück zum Zimmer.

Frisch geharkter Strand und stimmungsvolle Nebelwolken am Horizont. Sonnenuntergang ist heute um 22.13 Uhr. Es nieselt etwas, ich geh mal zügig zurück.
22.52 Uhr – Ich habe meine erste von zwei täglichen Happy Hours mit unbegrenztem Datenvolumen aktiviert und lade als Sicherung die Fotos der letzten Tage auf den Server zu Hause. Dann lese ich noch ein paar Seiten eines neue. Provence-Krimis.
Frühstück ist morgen um halb acht. Das passt gut.
Gute Nacht!
Diese Tour alleine ist der helle Wahnsinn!!! Ich freue mich jeden Tag auf die neuen Bilder.