04.06.2025 – Arzúa – Santiago de Compostella – ca. 47 km/750 Hm

7.03 Uhr – Bis auf eine kurze Unterbrechung habe ich gut geschlafen, ohne Krämpfe. Um sechs ging nebenan das Rumoren los.

7.59 Uhr – Der Frühstücksraum ist voll mit neun wartenden Pilgerinnen. Ich habe die Zeit genutzt und schon das Rad aus der Garage geholt, die Wasserflaschen in die Halterungen gesteckt und die Verpflegungstasche angehängt.

Draußen ist es niesel-, nebelfeucht und eher frisch. also trage ich mal wieder die Beinlinge und werde wohl in der Regenjacke losfahren. Mal sehen, ob die Regenhose wirklich nötig ist.

8.03 Uhr – Das Personal betritt den vollen Raum.

Es ist sehr eng, läuft aber ganz gut, da der junge Mann, der gestern den Empfang gemacht hat, die Kaffeemaschine bedient und seine Mutter den Toastautomaten. Aber man kommt kaum aneinander vorbei bei jetzt fast zwanzig Leuten. Ich trinke einen zweiten Kaffee und schlage mir den Bauch voll.

Die Pilgernden, die zuhauf draußen vorbeilaufen, tragen Regenjacken oder Ponchos.

9.01 Uhr – Ich starte in voller Regenmontur. Der Nieselregen ist zu intensiv. Und los!

Der erste Teil der Strecke verläuft auf einer größeren Straße. Das finde ich gut. Es kommen auch hier und da steile Anstiege, aber die Gesamtsumme der Höhenmeter ist schon ok. Zwischen 14 und 15 Uhr könnte ich in Santiago sein, schätze ich.

9.13 Uhr – Sehr nass.

9.27 Uhr – Blick zurück, kaum noch Niesel. Ich ziehe den Pulli unter der Regenjacke aus. Die Anstiege heizen mich auf.

10.03 Uhr – Auf Kilometer 15. Nichts los hier. Ich ziehe die Regensachen aus, bin zu nass von innen. Es scheint aufzuklaren.

10.26 Uhr – In Fonte Díaz Baguette und Joghurt gekauft. Es läuft jetzt gut.

10.39 Uhr – Ein Stück weiter habe ich eine Bar gefunden, mit Bäckerei. Aber das Baguette hatte ich ja schon. Zum Café con leche gibt es ein kleines süßes Stückchen. Ich schmiere mir zusätzlich frisches Baguette mit Käse: super lecker!

10.54 Uhr – Das war eine gute Stärkung. Nur noch 30 km.

11.28 Uhr – Es ist deutlich heller, ich kann sogar meinen Schatten manchmal sehen. Noch 19 Kilometer.

11.35 Uhr – Der EV-3 ist hier total gut ausgeschildert. Über mir ein Passagierflugzeug im Anflug auf Santiago.

12.00 Uhr – Über diese Hügelkette muss ich noch, dann zwei, drei Bachtäler und ich bin da. Hier sind große Rinderfarmen, hunderte Tiere im Stall in engen Gittern. Nicht schön zu sehen, und riechen tut es auch nicht gut.

Der Wald besteht im Wesentlichen aus Plantage einer Baumart, die ich noch nicht recherchiert habe.

Also, habe PlantNet befragt. Es handelt sich um Eukalyptus-Bäum, die sehr hoch wachsen und deren Rinde beständig abblättert.

12.21 Uhr – Auf 383 m im Wald. Es gibt nichts zu sehen, also fahre ich gleich ab.

12.45 Uhr – In O Cruceiro de Sar, vier Kilometer vor der Kathedrale. Noch keine Türme zu sehen.

12.48 Uhr – Da vorne sind sie.

12.51 Uhr – Über diese Brücke radle ich in die Stadt.

13.00 Uhr – Weiterhin keine Pilger zu sehen, sie nehmen wohl eine andere Route. Passt mir gut.

13.04 Uhr – Da vorne!

13.08 Uhr – Da ist immer wieder ein Muschelzeichen auf dem Boden, damit man auf jeden Fall den Weg findet. Ich schiebe natürlich.

13.12 Uhr – Ankunft auf dem weiten Obradoiro-Platz. Hier ist was los! So viele, die sich freuen!

Ich mich natürlich auch!!

Der treue Rosinante vor der Kathedrale von Santiago.

Wir beide, mit freundlicher Hilfe.

Jetzt folgen viele Fotos. Text kommt unter Umständen später.

Das Westportal mit den zwei Türmen wurde im barocken Stil vor die romanische Kirche gesetzt. Dadurch wird das meisterhafte Glorienportal, das bis 1188 von Maesteo Mateo geschaffen wurde, verdeckt, aber auch vor der Witterung geschützt. Es ist nur mit Führungen zu vorher gebuchten Terminen zu besichtigen. Unter dem vorgesetzten Teil musste eine Krypta angelegt werden, um die über den Hügel hinausragende Fassade zu unterfüttern.

Auch zum Südportal führen Treppen hinauf.

14.37 Uhr – An der Unterkunft, die sich bei mir gemeldet hat. Das Zimmer ist schon fertig, ich muss nicht bis 15 Uhr warten.

15.27 Uhr – Der Erker mit vielen Fenstern und großem Tisch ist toll. Ich halte Mittag und dann geht’s zur Kathedrale zurück.

Man kann am Südportal, mit sehr schönen romanischen Tympanen, in die Kathedrale. Das Portal ist noch in seiner ursprünglichen Gestalt.

Man darf keine bzw. nur sehr kleine Rucksäcke mit hinein nehmen. Ein Mann vor mir rutschte auf Knien in die Kirche.

1075 wurde mit dem Bau der Kirche im romanischen Stil begonnen. Das Hauptschiff ist mit zwölf Jochen 100 m lang, 8,5 m breit und 20 m hoch. Eckige und runde Pfeiler wechseln sich ab. Über den Seitenschiffen gibt es auch hier, wie in León, ein emporenartiges Triforium.

Blick vom Nordportal zum Südportal. Das Querhaus ist ebenfalls dreischiffig mit Triforium.

Romanisches Portal der Kapelle Antigua Santa Maria. Sie ist älter als die Kathedrale und liegt nördlich vom Chor.

Ich bin dann zur Schlange am Eingang der Krypta mit dem Jakobus-Grab.

Der Jakobus-Schrein in der Krypta.

Enger Durchgang. Es staut sich, da es nur langsam zur Jakobusbüste im Hauptaltar hinauf geht.

Wir steigen hinter den Altar. Man soll die das silberne, edelsteinbesetzte Schultertuch nicht küssen, darf es aber anfassen, besagte ein Schild. Die alte Frau und ihre Enkelin umarmten die Figur des Apostels von hinten. Das habe ich dann auch gemacht. Der Sicherheitsmann, der oben rechts zu sehen ist, hat nichts dazu gesagt, war wohl ok.

Nachtrag: Die Umarmung ist der offizielle Weg den Heiligen zu begrüßen. Man spricht dabei folgendes Gebet:

«Gracias amigo Santiago,….» und auf Deutsch, „Danke, lieber Freund und Bruder Jakobus, dass du mir geholfen hast, hier anzukommen. Danke für deine Person, für deine Begleitung, für dein Zeugnis, für dein Vermächtnis.“

Das finde ich sehr passend und sehr rührend.

Die Jakobus-Figur im Zentrum des Hauptaltars. Der Schrein befindet sich direkt darunter in der Krypta. Jakobus soll, der Legende nach, in Spanien missioniert haben, und in Santiago begraben worden sein. Eine andere Legende besagt, dass er nach seiner Enthauptung (Apg 12, 1-2) von seinen Jüngern auf ein führerloses Schiff geladen wurde, das irgendwann in Galicien anlandete. Helfer setzten ihn in Santiago bei. In beiden Fällen geriet das Grab in Vergessenheit.

Blick in das nördliche Querschiff.

Ich gehe dann doch auch ins Museum, das man vom Platz aus betritt. Für das Dach und das Glorienportal gibt es heute keine Karten mehr.

Wunderbares, restauriertes romanisches Chorgestühl von Meister Mateo im Museum.

Details des restaurierten Meisterwerks.

Santiago sitzend und gekrönt, laut Tafel.

Jesus mit Wundmalen.

Kreuzgang im Obergeschoss, also vom Platz aus gesehen.

Die massigen Türme der Westfassade.

Die Reliquien-Kapelle.

Eine andere Ausgabe eines Schultertuchs (der Büste, die ich vorhin umarmt habe?).

Blick auf den Vorplatz der Kathedrale.

Und über die Altstadt.

Das Nordportal.

18.14 Uhr – «Pilgermenü» auf der Südseite. Die Tarta Santiago ist ungemein lecker.

18.57 Uhr – Mal weiter. Wahrscheinlich gehe ich um 19.30 Uhr zur Messe.

Ostportal.

Daneben der Zugang zu Heiligen Pforte, die nur in besonderen Jahren geöffnet wird (??)

19.20 Uhr – Die Kirche ist bis auf den letzten Platz besetzt. Es wurden gerade die täglichen Angebote für Pilgernde und fünf sprachen angesagt. Gleich beginnt die Hl. Messe.

Vor dem Segen wurde dann, ich war ganz überrascht, noch das große Weihrauchfaß, das Botafumeiro, zum Fliegen gebracht. Es fliegt im Querschiff, ich saß im Hauptschiff. Das war ein tolles Erlebnis. Der Weihrauch kam leider nicht zu uns durch. Es soll, laut Wikipedia, nur an hohen Feiertagen oder auf Bestellung geschwenkt werden. Vielleicht wurde es für heute bestellt. Mich hat es sehr gefreut.

Ein deutscher und ein polnischer Priester haben konzelebriert. Es war sehr schön, mit so vielen Menschen aus aller Herren Ländern zusammen zu sein. Schade, dass ich den Texten nicht folgen und auch bei den wenigen Gesängen nicht mitsingen konnte.

Sollte ich nochmal in einen Gottesdienst gehen, dann suche ich mir das Messgebet auf Spanisch, damit ich die richtigen Antworten geben kann

Noch ein Blick in den Vierungsturm mit der Aufhängung für das Fass.

Das Dach über dem Altar ist schon sehr besonders.

Unten die Büste im Altar.

Darüber Jakobus als Pilger.

Und ganz oben Jakobus als berittener Mohrentöter.

21.44 Uhr – Ich konnte mich nur schwer lösen und habe draußen gleich noch meine pilgernde Cousine angerufen, die das Erlebnis Santiago sehr gut nachvollziehen konnte.

Jetzt bin ich in einem Restaurant mit dem Abendessen fertig und schleiche gleich mal zum Zimmer. Der Tag morgen ist mit 70 km und über 1000 Hm wieder recht voll. Und etwas Regen ist angesagt. Auch für übermorgen. Als würde nachgeholt, was mir in den zwei Wochen davor erspart blieb.

23.32 Uhr – Ich habe noch etwas zur Kirche und der Jakobus-Legende ergänzt. Jetzt ist Zeit zum Schlafen. Den Krimi habe ich heute Morgen zu Ende gelesen.

Gute Nacht!